Digitale Gesundheitskompetenz in Deutschland

Das deutsche Gesundheitswesen befindet sich mitten in der digitalen Transformation. Damit dieser Prozess erfolgreich verläuft, müssen die Bürger digitale Informationen und Angebote auch richtig nutzen können. Der digitalen Gesundheitskompetenz fällt dabei eine Schlüsselrolle zu.

Definition

Die allgemeine digitale Gesundheitskompetenz umfasst individuelle, soziale und technische Kompetenzen und Ressourcen, die für das Suchen, Finden, Verstehen, Bewerten und Anwenden digital verfügbarer Gesundheitsinformationen wichtig sind. Es handelt sich um ein dynamisches Konzept, das eng mit dem Ansatz des lebenslangen Lernens und des Empowerments verbunden ist. Die digitale Gesundheitskompetenz berücksichtigt die kontinuierliche Weiterentwicklung digitaler Technologien. Sie soll die Bürgerinnen und Bürger befähigen, durch die Nutzung von digitalen Gesundheitsanwendungen ihre Selbstwirksamkeit zu erhöhen und ein selbstbestimmtes Leben bei hoher Lebensqualität zu führen.

Warum ist das wichtig?

Die digitale Gesundheitskompetenz ist eine entscheidende Schlüsselqualifikation für den mündige Bürger:innen und Patient:innen. Die Anforderungen an die Nutzer:innen, mit digitalen Onlinediensten und ganz allgemein mit digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien umzugehen, sind bereits heute sehr hoch. Da sich das gesamte Gesundheitssystem mitten in der digitalen Transformation befindet, werden diese Anforderungen und auch die Komplexität künftig vermutlich zunehmen. Umso wichtiger ist es, allen Bürger:innen den einfachen Zugang zu verlässlichen, qualitätsgesicherten und laienverständlichen Informationen zu ermöglichen. Dies ist unabdingbare Basis dafür, dass die Bürger Innovationen wie etwa die elektronische Patientenakte, das E-Rezept oder auch Videosprechstunden akzeptieren und für sich nutzen können.

Aktuell gleicht das Angebot digital verfügbarer Gesundheitsinformationen jedoch einem Dschungel. Die im Netz zu findenden Informationen sind in ihrer Menge kaum zu überblicken. So findet ein Nutzer bei Google unter dem Suchbegriff Gesundheit gut 400 Millionen Treffer, das Thema Ernährung bringt knapp 100 Millionen und der Begriff Schlaf kommt auf gut 30 Millionen Ergebnisse. Viele der gefundenen Treffer sind schwer zu verstehen, oft sind sie widersprüchlich, von fragwürdiger Qualität oder auch schlicht falsch. Diese Irreführung ist besonders kritisch, weil es um die Gesundheit geht. Hinzu kommt: Das Netz ist voll von interessengeleiteten Informationen unklarer Herkunft. Deshalb ist es wichtig, dass Patient:innen und Leser:innen sich digital kompetent im Netz bewegen. Somit können neben staatlich-geförderten Seiten wie gesundheitsinformation.de oder gesund.bund.de, auch weitere Netzwerke ihren Beitrag zur Aufklärung und Information leisten.

Die acht Dimensionen der digitalen Gesundheitskompetenz (nach Norman & Skinner, 2006):

  1. Computer Literacy: Wissen und Fähigkeit, Computer, verwandte Technologien und elektronische Medien effizient zu nutzen 
  2. Data Literacy: Fähigkeit, Daten mit kritischem Blick zu sammeln, zu verwalten, zu bewerten und anzuwenden 
  3. Privacy Literacy: Datenschutzkompetenzen und technische Fähigkeiten, personenbezogene Daten (auch gegen Manipulationen und andere Bedrohungen) zu schützen 
  4. Traditional Literacy: Lese- und Schreibfertigkeiten, um schriftliche Informationen zu nutzen 
  5. Media Literacy: Fähigkeit, die benötigt wird, um aktiv, bewusst und kritisch an der digitalen Mediengesellschaft teilzunehmen 
  6. Navigation Literacy: Fähigkeit, das Internet souverän und kompetent zur Beantwortung gesundheitsrelevanter Fragen zu nutzen
  7. Information Literacy: Fähigkeit, Gesundheitsinformationen und wissenschaftliche Informationsquellen aufzunehmen, zu verarbeiten und anzuwenden 
  8. Health Literacy: Fähigkeit zum Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen

Verschiedene internationale Studien haben gezeigt, dass eine höhere digitale Gesundheitskompetenz mit vielen gesundheitsbezogenen Vorteilen einhergeht. Dazu gehören ein besserer Gesundheitszustand,ein effektiverer Kontakt mit medizinischem Personal, ein besseres Verständnis des individuellen Gesundheitszustands sowie eine höhere Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen. Erste Ergebnisse deutscher Forschergruppen bestätigen dies. So zeigt eine aktuelle Studie zur digitalen Gesundheitskompetenz von Studierenden in Deutschland während der Corona Pandemie, dass Studierende mit einer hohen digitalen Gesundheitskompetenz auch ein höheres psychisches Wohlbefinden aufweisen (Dadaczynski et.al., 2020). 

Leichterer Zugang

Aus technischer Sicht muss es einen niederschwelligen Zugang zu digitalen Gesundheitsangeboten geben. Die Angebote müssen zielgruppenspezifisch und auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtet sein. Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung ist es zudem, die Zielgruppe einzubinden. Aus inhaltlicher Sicht müssen die Angebote evidenzbasiert und ihre Wirksamkeit nachgewiesen sein. Auch hier sollte die Zielgruppe in die inhaltliche Ausrichtung der laienverständlichen Angebote eingebunden sein.

Erhöhung der Akzeptanz

Individuelle Fertigkeiten einerseits und Rahmenbedingungen andererseits haben Einfluss auf den Grad der digitalen Gesundheitskompetenz jedes Einzelnen. In der Interaktion bestimmen sie gemeinsam die Fähigkeit, sich aktiv mit digitalen gesundheitsbezogenen Angeboten auseinanderzusetzen, sowie die Motivation, sich mit den Gesundheitsangeboten zu beschäftigen.